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Blutwurz ( German )

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Dieser Artikel beschreibt die Pflanzenart aus der Familie der Rosengewächse. Zum auch als Blutwurz bezeichneten Hirtentäschel siehe Gewöhnliches Hirtentäschel. Für die Spirituose siehe Penninger.

Die Pflanzenart Blutwurz (Potentilla erecta), auch Dilledapp, Durmentill, Natter(n)wurz, Rotwurz, Ruhrwurz, Siebenfinger oder Tormentill genannt, gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae).

Beschreibung

Die Blutwurz ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von meist 10 bis 30 (5 bis 50) Zentimeter erreicht. Sie wächst aus einem kräftigen und kriechenden Rhizom, das einen Durchmesser von 1 bis 3 cm hat, verholzt und innen an Schnittflächen[1] blutrot anläuft. Der aufrechte bis niederliegende Stängel ist oben mehrästig, beblättert und unterschiedlich behaart. Die lang gestielten Rosettenblätter sind dreiteilig (selten einzelne vier- bis fünfteilig), grob und gezähnt, im Gegensatz zu den sitzenden bis kurzgestielten Stängelblättern, die immer dreiteilig sind. Es sind drei bis fünf große Nebenblätter vorhanden, deshalb erscheinen die Laubblätter mehrteilig.

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Blüte mit vier Kronblättern

Die auf langen Stielen einzeln in den Blattachseln entspringenden Blüten weisen einen Durchmesser von etwa 1 Zentimeter auf. Die Kelchblätter sind mehr oder weniger so lang wie die Kronblätter. Die meist vier (zuweilen auch fünf oder sechs) gelben Kronblätter sind frei, verkehrt-herzförmig und 4 bis 5 mm lang.

Die Blütezeit reicht von Mai bis Oktober.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 28.[2]

Ökologie

Am Stängel kommt es nicht selten zu Bildung von Pflanzengallen, hervorgerufen durch die Gallwespe Xestophanes brevitarsis. Die Vergallungen können bis zum Rhizom hinab reichen.[1] Die Blutwurz wurzelt bis 50 Zentimeter tief.[3]

Die Bestäubung erfolgt durch Insekten. Die Früchte sind Wind- und Tierstreuer, daneben erfolgt eine Zufallsausbreitung der Samen.[4]

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet der Blutwurz umfasst die borealen und gemäßigten Zonen Europas ostwärts bis zum Altai. Im Süden tritt sie nur in den Gebirgen auf. Vorkommen im östlichen Nordamerika beruhen möglicherweise auf Einschleppung.[1]

Als Standort werden Mischwälder, Heiden, Magerwiesen, Niedermoore mit mäßig sauren Böden bevorzugt. Die Pflanze gilt als Magerkeitszeiger. Sie kommt in Mitteleuropa besonders in Gesellschaften der Klasse Nardo-Callunetea vor, kann aber auch in bodensauren Gesellschaften der Ordnung Molinietalia oder der Verbände Polygono-Trisetion oder Quercion roboris wachsen.[3] Sie steigt in Deutschland in den Alpen bis in Höhenlagen von 2200 Metern auf.[3]

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Illustration der Blutwurz, in: Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz, 1885.
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Stängel mit Laubblatt und Nebenblättern (Oberseite)

Systematik

Die Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen Tormentilla erecta durch Carl von Linné in Species Plantarum.[5] Ernst Adolf Räuschel veröffentlichte den 1797 heute anerkannten Namen Potentilla erecta (L.) Raeusch.[6] Weitere Synonyme sind Potentilla sylvestris Neck. und Potentilla tormentilla Neck.

Nutzung

Die Blutwurz hat ihren Namen von dem blutroten Saft, der beim Anschneiden aus dem gelblich-weißen Rhizom austritt. Im Mittelalter wurden mit Blutwurz noch verschiedene Drogen bezeichnet, denen man blutstillende Eigenschaften nachsagte, heute meint man damit ausschließlich den Tormentill (lateinisch Tormentilla), den die moderne Phytotherapie als ausgezeichnet verträgliche Gerbstoffdroge schätzt, die akute Durchfälle lindert. In einigen Regionen, z. B. im Bayerischen Wald, wird aus Blutwurz ein Likör oder Schnaps hergestellt,[7] der als Digestif gereicht wird.

Blutwurz in der Phytotherapie

In der Pflanzenheilkunde wird das schwarzbraune, bevorzugt im Frühjahr oder im Herbst (kurz vor oder kurz nach der Blüte) ausgegrabene, in der Sonne getrocknete, von den Wurzeln befreite und zerkleinerte Rhizom verwendet (Tormentillae rhizoma), entweder als alkoholischer Auszug (Tinktur), oder als Tee. Wirksame Inhaltsstoffe sind neben Gerbstoffen (Tanninen) der rote Farbstoff Tormentol, das Glykosid Tormentillin, Flavonoide, Phenolkarbonsäure, Saponine, Harz, Gummi und ätherische Öle. Der Saft der Pflanze wirkt im Laborversuch hemmend auf das Wachstum von Bakterien und Viren.

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Rhizom der Blutwurz
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Blutwurz (Potentilla erecta)

Blutwurz wirkt stark zusammenziehend (adstringierend), austrocknend und entzündungshemmend (antiphlogistisch), Zubereitungen des Tormentills werden daher wie andere gerbstoffhaltige Drogen (Eichenrinde, Ratanhiawurzel) äußerlich in Form von Spülungen oder Pinselungen bei entzündlichen Erkrankungen der Mund- und Rachenschleimhaut, bei Entzündungen des Zahnfleischs und anderen Erkrankungen des Rachens und des Kehlkopfes und gegen Hämorrhoidenleiden verwendet,[8] außerdem bei Verbrennungen. Innerlich genommen werden sie bei akuten, unspezifischen Durchfallerkrankungen eingesetzt und sind indiziert bei Enteritis und Fieber sowie zur Stärkung des Magens.

Die früher angenommene blutstillende Wirkung der aus dem Rhizom gewonnenen Stoffe wurde aus der Signaturenlehre hergeleitet und ist medizinisch unbegründet.[4] Kaum verwechselt werden kann die im Mittelalter und später wie der Wiesen-Knöterich und andere Pflanzen auch als „(herba) sanguinaria“ bezeichnete Blutwurz mit der weißblütigen Kanadischen Blutwurz (Sanguinaria canadensis), ebenfalls eine Heil- und Giftpflanze, die zu den Mohngewächsen (Papaveraceae) gehört.

Nutzung als Färberpflanze

Der beim Anschneiden des Rhizoms der Blutwurz austretende rote Farbstoff besteht aus folgenden Komponenten: Kondensierte Gerbstoffe: Hauptfarbstoffe: Catechin-Gerbstoffe, Ellagsäure und Chinovasäure.[9]

Auf mit Alaun und Weinstein vorgebeizter Wolle kann man mit dem Absud des Rhizoms eine gelbbraune Färbung erzielen. Mit einer Beize aus Kupfersulfat und Kaliumdichromat erhält man eine rotbraune Färbung. Früher haben die Samen ihre Rentierfelle mit Blutwurz gleichzeitig gegerbt und rot gefärbt.[9]

Literatur

  • Oskar Sebald: Potentilla. In: Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 3: Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklasse Rosidae): Droseraceae bis Fabaceae. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1992, ISBN 3-8001-3314-8, Potentilla erecta, S. 142–144.
  • Gunter Steinbach (Hrsg.), Bruno P. Kremer u. a.: Wildblumen. Erkennen & bestimmen. Mosaik, München 2001, ISBN 3-576-11456-4.
  • Ingrid Schönfelder, Peter Schönfelder: Das neue Handbuch der Heilpflanzen. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2004, ISBN 3-440-09387-5, S. 359–360.
  • Karl Hiller, Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. Spektrum, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-8274-2053-4.
  • Florian Hintner: Ein viel gerühmtes Heilkraut der böhmischen Randgebirge. In: Sudetendeutsche Zeitschrift für Volkskunde 11, 1938, S. 45–60.

Einzelnachweise

  1. a b c Oskar Sebald: Potentilla. In: Oskar Sebald, Siegmund Seybold, Georg Philippi (Hrsg.): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 3: Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklasse Rosidae): Droseraceae bis Fabaceae. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1992, ISBN 3-8001-3314-8, Potentilla erecta, S. 142–144.
  2. Potentilla erecta, Chromosomenzahl bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis.
  3. a b c Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 542.
  4. a b Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1, S. 618.
  5. Carl von Linné: Species Plantarum. Band 1, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 500 (http://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fopenurl%3Fpid%3Dtitle%3A669%26volume%3D1%26issue%3D%26spage%3D500%26date%3D1753~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  6. Ernst Adolf Räuschel: Nomenclator botanicus. Omnes plantas ab illustr. Carolo a Linné descriptas aliisque botanicis temporis recentioris detectas enumerans. Editio tertia. Johann Gottlob Feind., Leipzig 1797, S. 152 (http://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Freader.digitale-sammlungen.de%2Fde%2Ffs1%2Fobject%2Fdisplay%2Fbsb10302820_00168.html~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  7. br-Online: "Rache ist Blutwurz" (Memento vom 13. Januar 2010 im Internet Archive), gesichtet am 28. Juli 2009.
  8. Peter Schönfelder, Ingrid Schönfelder: Der Kosmos-Heilpflanzenführer. Europäische Heil- und Giftpflanzen. Franckh, Stuttgart 1980, ISBN 3-440-04811-X, S. 98.
  9. a b Eberhard Prinz: Färberpflanzen. Anleitung zum Färben Verwendung in Kultur und Medizin. 2. durchgesehene und korrigierte Auflage. Schweizerbart, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-510-65291-4.
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Blutwurz: Brief Summary ( German )

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Die Pflanzenart Blutwurz (Potentilla erecta), auch Dilledapp, Durmentill, Natter(n)wurz, Rotwurz, Ruhrwurz, Siebenfinger oder Tormentill genannt, gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae).

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